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14
Feb
2010

Reiselektuere: Feldmans Frauen

Kate Christensen: The Great Man (dt: Feldmans Frauen; droemer)

Um es gleich vorwegzunehmen: „Feldmans Frauen“ ist kein ausgesprochen witziges Buch, wie die New York Times schreibt. Man kloppt sich beim Lesen nicht vor Vergnügen auf die Schenkel. Der Roman hat vielleicht einen ironischen Unterton, der den Leser hin und wieder lächeln lässt. Aber: er ist geistreich, klug und voller Lebensweisheit.

Oscar Feldman, ein Vertreter des figurative painting, ist tot. Er hinterlässt, neben einer Reihe umstrittener Gemälde, eine Reihe streitbarer Frauen, die ihn stets umgaben wie eine rosafarbene Wolke.
Da ist zunächst Abigail, seine Witwe, die ihr Leben nach dem Maler der Pflege des autistischen Sohnes Ethan widmet.
Teddy St.Cloud verbrachte Jahre als aufopferungsvolle Dauergeliebte und Mutter der Zwillingstöchter Ruby und Samantha. Ihre Freundin Lila, eine Studienfreundin, ist ihre engste Vertraute.
Und schließlich: Maxine, die begabte Malerschwester, die zeitlebens im Schatten des berühmten Bruders stand und wohl vor allem deshalb Mühe hatte, ihren Platz im Leben zu finden. Enttäuschungen haben sie bitter werden lassen.

Als Henry Burke und Ralph Washington auftauchen und eine Biografie des Künstlers verfassen wollen, verwischen klar definierte Grenzen und (Vor-)Urteile geraten ins Wanken.
Die völlig verschiedenen Frauen lernen sich nach anfänglichem Zögern kennen. Gemeinsam und ohne Hass blicken sie zurück auf ihre Zeit mit dem Maler. Jede von ihnen vermisst Oscar. Jede von ihnen hat seine guten und seine schlechten Seiten genossen. Keine von ihnen idealisiert den Mann. Was die Frauen außerdem verbindet, ist das Wissen um Leerstellen im eigenen Leben. Jede von ihnen hat große Opfer gebracht, Rücksicht genommen und sich dabei selbst vergessen – ein Stück weit.

Abigail zeigt sich überaus loyal und „bittet“ (soll heißen: „besticht“) einen der zwei Journalisten, ein ausschließlich schmeichelhaftes Porträt des verblichenen Gatten zu zeichnen.
Sie macht so ihren Frieden mit ihm, nicht, ohne vorher enthüllt zu haben, dass auch sie während der Ehe Erfüllung in einer Beziehung mit dem Arzt des Sohnes suchte.
Teddy gibt, angestachelt von ihrer Freundin Lila, ihrem früheren Chef, Lewis Strathairn, endlich die Chance seines Lebens. Die beiden in die Jahre gekommenen Herrschaften genießen Vertrautheit und Nähe. Gedanken an Alter und Verfall rücken in weite Ferne und das Glück scheint auf einmal mehr als zum Greifen nah.
Maxine, die tragischste Figur der Geschichte, wagt sich endlich aus dem Schatten des Bruders heraus. Sie ist nicht länger bereit, an der Verklärung des Künstlers Oscar mitzuwirken und macht öffentlich, dass ausgerechnet sie die Malerin eines seiner berühmtesten Gemälde („Helena“) ist. Jane Fleming, ehemalige Geliebte und Modell, lanciert die Geschichte, die sich zum Kunstskandal auswächst. Ein Skandal, der für Maxine DIE letzte große Chance birgt. Ein letztes Mal porträtiert sie eine Frau. Sie porträtiert sie, wie damals, aus der Perspektive ihres Bruders und lässt sich beim Malen von seiner Erkenntnis „ Pussis sind wie Gesichter.“leiten.
Das dergestalt entstandene Porträt wird ein Erfolg und lenkt die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit endlich auf die Werke der Künstlerin Maxine Feldman. Eine große posthume Retrospektive würdigt ihr Schaffen.

Oscars Frauen sind dort ebenso anwesend wie die beiden Biographen. Die Tatsache, dass Henry Burke in der Zwischenzeit ein Verhältnis mit Ruby, Teddys Tochter, angefangen hat und sich mächtig vor seiner Frau Melanie fürchtet, lässt ahnen, dass ein Menschenleben nie in geraden Bahnen verläuft. Es scheint immer Verwirrungen und Abzweige, Umwege und Abkürzungen zu geben. Darauf, WIE man diese Unwegbarkeiten meistert, kommt es möglicherweise an. Der Weg, den Oscars Frauen beschreiten, ist ein guter Weg. Davon erzählt dieses Buch. Und davon, dass ein Leben wirklich erst zu Ende ist, wenn man dieses Ende akzeptiert.

Al-Ain 08-02-2010

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