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25
Feb
2011

Wechselbäder

Wir erleben gerade ein Wechselbad der Gefühle. Nachdem wir jetzt drei Nächte in der Wüste gezeltet bzw. unter freiem Himmel übernachtet haben, eine Nacht in einer übelsten Hotelspelunke am Roten Meer ("Coral Bay"-da war so ziemlich alles kaputt, was kaputt sein konnte!)kampierten, sind wir mittlerweile in einem Nobelschuppen am Toten Meer ("Dead Sea Spa")) gelandet, in dem wir uns ein bisschen deplatziert vorkommen. Trotzdem ist es natürlich schön, ausgiebig duschen zu können.

Am 21. checkten wir in aller Ruhe in Petra aus dem Hotel OSCAR aus, eine westdeutsche Kirchgemeinde, die uns am Vorabend aufgefordert hatte mit Liederbuch (Liederbuch?)in der Bar zu erscheinen, erklärte sich öffentlich zum Obstkorb Gottes ("Wir alle sind Früchtchen in Gottes Obstkorb.")und erleichterte uns den Abschied ein bisschen.

Wir machten einen kleinen Abstecher nach Klein-Petra, ebenfalls eine sehr interessante Nabatäersiedlung, wie der Name bereits sagt, nicht so mächtig wie das "wirkliche" Petra, aber ebenfalls sehenswert. Wir nehmen uns viel Zeit, um in den Felsspalten herumzuklettern. Wir sind fast allein. Und: das Wetter ist viel besser als am Tag zuvor. Die Sonne scheint und die Sandsteine schimmern in gelb-orangen Farbtönen.

Am Mittag fahren wir weiter gen Süden und am frühen Nachmittag sind wir im Wadi Rum. "Unser" Beduine, von dem wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, dass er "unser" Beduine ist, bringt uns ins Camp. Und da sitzen wir dann. Wir fünf, der Beduine, drei kleine Zelte, ein großes und ein paar Dixie-Toiletten. Wir gehen ein bisschen in der grandiosen Wüstenlandschaft spazieren, aber die Sonne geht gegen fünf unter und so bwegen wir uns zügig ins Camp zurück. Die Beduinen kredenzen ein wunderbares Abendbrot, köstliche Vorspeisen, Gegrilltes und Fladenbrot.
Die erste Nacht in der Wüste ist ungewohnt, natürlich. Es ist bitter kalt und man hört die Tiere, die draußen umherschleichen. Ich bin ehrlich gesagt fast froh, als es gegen 6.00 dämmert und wir aufstehen können. Die Beduinen sitzen um diese Zeit schon in aller Ruhe am Feuer und reichen uns starken schwarzen Tee, der nach Holz und Feuer schmeckt und wärmt.

Unser Guide bedeutet uns, die wichtigsten Sachen einzupacken und dann laufen wir los. Wir laufen und laufen. Laufen und laufen. Der Guide trottet gleichmütig vornweg, wir versuchen, Schritt zu halten. Immer wieder bieten sich neue, spektakuläre Ausblicke, wir sehen Canyons, rote Sanddünen, Felsbrücken, Felsenmalereien und beobachten immer wieder ziemlich große Eidechsen. An vielen Stellen blüht die Wüste. Wir finden Blumen, die so aussehen, wie unsere Krokusse daheim.
Mittags wird uns wieder ein köstliches Essen gebracht, Vorspeisen, Hauptspeise und süßen Kuchen als Nachspeise. Dazu wieder der rauchige Feuertee.

teekessel
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Dann: LAUFENLAUFENLAUFEN. Der Guide ist nicht zimperlich: "GO, GO, GO!"
Abends haben wir reichlich zwanzig Kilometer hinter uns gebracht, was vielleicht nicht viel klingt. Allerdings ist es doch recht anstrengend, durch tiefen Sand zu waten. Die KInder laufen ohne zu murren mit.
Als es dunkel wird, schlagen wir die Zelte an einem großen Felsen auf. Die gleiche Szenerie wie am Abend zuvor. Wir fünf, zwei Beduinen, drei Zelte und ein Feuer. Kein Dixie-Dingens. Kein Wasser. Wir essen mit den guides, einer von ihnen spricht gut Englisch, und dann krauchen wir mit letzter Kraft und schmerzenden Füßen in die Zelte. Die Wüstennacht fühlt sich ein klitzekleines bisschen vertrauter an. Über uns sind tausend Sterne. Füchse (oder Wölfe??) schleichen umher und es ist ganz, ganz still.
Als es dämmert, frühstücken wir, bauen die Zelte ab und laufenlaufenlaufen. Deutlich langsamer als am Tag zuvor, aber der guide ist unerbittlich. "Go, go, go." Ich muss innerlich ein bisschen lachen, als die JUngs, ohne, dass irgendjemand etwas gesagt hat, am frühen Abend anfangen, Feuerholz zu sammeln. Sie lernen ihre Lektion...
Die dritte Nacht beschließen wir, ganz im Freien zu verbringen. Keine Zelte also. Nur Matratzen, Decken und Kissen.

wadi rum

(Ich habe die Hösschen schon ein bisschen voll, aber wir schlafen wie die Babies.)Wenn wir kurz erwachen, sehen wir die Sterne über uns. Der Mond erleuchtet die Wüste.
Als es dämmert, wird wieder alles zusammengepackt und dann gibt es eine letzte Laufstrecke zu nabatäischen inscriptions. Dann holt uns ein Jeep ab und bringt uns zu den Kamelen, die uns das letzte Stückchen transportieren.
Der Beduine lädt uns in sein Haus ein, stellt uns seine Frau vor (sie hat das Essen für uns gekocht) und wir lernen seine fünf Kinder kennen. Wir trinken noch einmal Tee zusammen.

Abgesehen von der landschaftlichen Schönheit des wadis Rum, für die einem fast die Worte fehlen, war unser Aufenthalt eine Lektion Lebensführung. Wir haben erlebt, wie einfach die Beduinen leben, wie sehr auf das Wesentliche konzentriert. Im Einklang mit der Natur.Wir haben gesehen, was ihnen wichtig ist, welchen Wert die Familie und Kinder haben.

Wir gehen ein bisschen wehmütg, aber auch müffelnd. Drei Tage kein Wasser sind, jedenfalls für mich, die absolute Obergrenze. Nur Feuchttücher reichen auf Dauer nicht...

Wir sind gespannt auf Aqaba, aber, wie ich einans schon schrieb, das Hotel ist eine Katastrophe. Wir baden abends im Roten Meer und schlendern noch einmal durch die Stadt.

PS: "Die Korrekturen" zuende gelesen. Ein ganz, ganz grandioses Buch. Später mehr dazu.

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